Donnerstag, November 02, 2017

Maiglöckchenweiß von Christian Schünemann und Jelena Volić

Belgrad gestern und heute


Der 10jährige Junge Dušan Javanović wird brutal ermordet, als Motive werden sich später Langeweile und Aufbeben gegen das eigene Leben herausstellen. Die Täter – Jugendliche. Einer der beiden stellt sich den Behörden, doch der andere wird von seiner Familie ins Ausland gebracht. Heute 25 Jahre später entschließt sich Jurij Pichler mit seiner Vergangenheit abzuschließen und sich endlich zu stellen. Aber kurz darauf wird er ermordet aufgefunden. Der Anwalt des Toten, Siniša Stojković, und Kriminologin Milena Lukin befinden sich plötzlich mitten im Fall. Wer wollte verhindern, dass erneut Details über den kalten Fall ans Licht kommen?




Dieser dritte Fall von Milena Lukin ist ein kriminalistisches, wie spannendes Puzzle, das sich peau á peau zusammensetzt. Ich lerne als Leserin viel über die Stadt Belgrad. Da ist die moderne Seite mit seinen Hipsters aber auch die alten, dunklen Parts der Stadt, die sich in Korruption und Schwarzgeldwaschungen zeigen. Es herrschen Konflikte der verschiedensten Bevölkerungsschichten, religiös oder wegen ihrer Lebensart. Die Autoren erklären viel von der sozialen und wirtschaftlichen Situation. Die Politik mit dem geplanten, kommenden Eintritt in die EU wird angerissen. Die Sprache der Autoren ist aufgeschlossen und natürlich. Ihr Schreibstil ist bemerkenswert und hebt die Spannung sowie das Lesevergnügen enorm an. Der Plot selbst ist fesselnd und beeindruckend. Authentische Figuren, die leben, die ehrlich sind, die eine unglaubliche Tiefe haben, machen das Buch aus; ich kann in sie hinein fühlen und sie und ihr Handeln verstehen und nachvollziehen. Das Duo aus Milena und Siniša ist geradezu perfekt erschaffen, ein Rechtsanwalt und eine Kriminologin, die außerdem in der deutschen Botschaft als Beraterin tätig ist - beide mit ihren eigenen Problemen, ergänzen sie sich auf herrliche Art und Weise.

Sehr gerne vergebe ich diesem Krimi fünf von fünf möglichen Sternen und empfehle ihn absolut weiter. Ein Fall, der von brisanter Aktualität, von enormen Wissen über die Geschichte des Landes Serbien und dem Leben in Belgrad heute und damals lebt. Ein Krimi spannend und lehrreich zugleich.

Herzlichen Dank an den Diogenes Verlag für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.